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Orgel und Liveelektronik: Eine enge Symbiose

zwei Männer vor Orgel
Datum:
10. März 2024
Von:
Sebastian Nehmzow

Die Orgel ist eines der wenigen Instrumente, das in ihrer Geschichte stets dem Zeitgeist angepasst und immer weiterentwickelt wurde. So müssen heutzutage nicht mehr sogenannte „Kalkanten“ den Wind erzeugen, damit eine Orgel spielen kann, dies übernehmen seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts elektrische Gebläse. Dies ist jedoch nur eine von wenigen Veränderungen, die die Orgel über die Jahrhunderte erfahren hat. Klanglich waren Orgelbauer immer schon bereit dazu, zu experimentieren, um neue Klänge zu finden, die dann wiederum gerne von Komponisten in ihren Kompositionen aufgegriffen wurden. Dieser Suche haben sich auch Dominik Susteck an der Orgel und Tobias Hagedorn an der Liveelektronik verschrieben. Gemeinsam brachten sie am vergangenen Sonntag, den 10. März 2024, fünf Stücke mit solchen, neuen Klängen in Pax Christi im Rahmen eines Matineekonzerts zu Gehör. Sie spielten drei Stücke, die Tobias Hagedorn für Orgel und Liveelektronik komponierte. Dazu erklangen im Wechsel zwei Stücke von Dominik Susteck für Orgel solo.
Die Liveelektronik bediente Tobias Hagedorn aus der Mitte des Kirchraums. Mithilfe seines Laptops steuerte er vier Lautsprecher, die in den Ecken des Raums verteilt waren, an. Dabei spielte er keinesfalls lediglich vorbereitete Audiodateien ab, sondern modulierte live Klänge, die sich im Moment entwickelten. Diese Klänge waren allesamt unterschiedlich und konnten nicht mit „ralen“ Klängen in Assoziation gebracht werden, was einen besonderen Reiz ausmachte. Hagedorn kreierte Klänge, die sich in einem Spektrum von perkussiven Effekten bis sphärische, tonale Flächen bewegten. All das stand in enger Symbiose mit der Orgel, die so sehr mit der Liveelektronik verschmolz, dass zeitweise nicht mehr zu differenzieren war, welche Klänge von der Orgel oder der Liveelektronik stammten.
Die Orgel wurde von Dominik Susteck, der lange an der Kunststation St. Peter in Köln tätig war, in ungewohnter und erfrischender Weise gespielt. Durch etwa halb gezogene Register, Cluster und vermehrtem Einsatz des Glockenspiels entlockte er der Orgel Klänge, die man im Tagesgebrauch selten oder gar nicht zu Gehör bekommt. All das stand, wie bereits gesagt, im direkten Bezug zur Liveelektronik. Alle Stücke hatten einen von Grund auf unterschiedlichen Charakter und dauerten jeweils nicht länger als ca. acht Minuten, was Abwechslung garantierte und Eintönigkeit vorbeugte.
So wurde diese Matinee mit Dominik Susteck und Tobias Hagedorn zu einer angenehmen und inspirierenden Zeit für die Zuhörerinnen und Zuhörer, die Lust auf mehr machte!

Sebastian Nehmzow