Günther Ueckers „Chichicastenangno“ besteht aus einem auf dem Boden stehenden schwarzen Holzboot, das an den Außenseiten von zahllosen Spuren des Greifens übersät ist.
Etliche Nägel von teils gewaltiger Länge sind von außen ins Innere des Schiffsbauchs getrieben.
Dahinter liegen, parallel zu dem Boot, zwei dicke Holzbalken, in die ebenfalls zahlreiche Nägel geschlagen wurden. An der Wand darüber erstreckt sich ein großes, weißes Leinentuch, das an einem horizontal angebrachten Balken festgenagelt ist.
In Ueckers Arbeit überlagern sich mehrere Themenfelder:
Latent zeichnet sich ein narratives Szenario ab, die Greifspuren am Boot lassen an Verzweiflung und Rettungsversuche denken, die Nägel an Folter und Verunmöglichung von Flucht.
Im Sakralraum stellen sich unweigerlich Bezüge zur Kreuzigungsszenerie her, die sich in den beiden liegenden Balken konkretisiert. Tatsächlich schuf Uecker „Chichicastenango“ anlässlich einer Ausstellung zum Berliner Katholikentag im Mai 1980, die um das Thema ‚Kreuz‘ kreiste. Das weiße Tuch steht im Kontrast zum geschundenen Holz und lässt gleichermaßen an ein Segel, Tücher im Kontext der Kreuzigung (z.B. Lendenschurz), aber auch an Hoffnung oder Schutz denken.
Der Titel der Arbeit verweist auf einen Wallfahrtsort in Guatemala, in dem in den 1970er Jahren im Zuge des Bürgerkriegs eine Vielzahl aufständischer indigener Landarbeiter, Fischer und Priester ermordet wurden.
Chichicastenango, Günther Uecker - 1980
