Thomas Virnichs Arbeit Verlorene Form (Madonna), eine in ein rostiges Eisengerüst eingefasste und vor einer Backsteinstele montierte Keramikskulptur, ist das Resultat eines Prozesses der Aneignung und Umformung:
Aus erworbenen Scherben historischer Madonnenfiguren nahm Virnich mit Ton Negativabdrücke, die er anschließend brannte. So entstand kein Abbild im herkömmlichen Sinn, sondern eine leere Hülle – ein invertiertes Echo einer dieser Arbeit vorausgehenden, nicht mehr fassbaren Figur. Das Fragmentarische bleibt sichtbar, wird nicht kaschiert: Risse, Brüche und Spuren des Zerfalls durchziehen die Oberfläche, als wollte die Skulptur selbst Zeugnis ablegen von einer Geschichte der Zerstörung und Neuformung.
Die Madonna, traditionell Symbol für Ganzheit, Trost und Unversehrtheit, erscheint hier als verletzte Figur. Verlorene Form (Madonna) ist eine Arbeit, die sich nicht über Repräsentation, sondern über Abwesenheit artikuliert – und gerade darin ihre spezifische Präsenz entfaltet. In ihren Themenfeldern von Abdruck, Reproduktion und Absenz korrespondiert sie mit Dorothee von Windheims Sammlung von Christus-Bildnissen Salva Sancta Facies im Sakralraum von Pax Christi und konfrontiert den Betrachter in ähnlicher Weise mit in seinem Kopf vorhandenen Bildern.