Marlene Dumas’ Arbeit Kreuz besteht aus zwölf kleinen weißen Blättern, geometrisch zu einem annähernd griechischen Kreuz gefügt.
Jedes dieser Blätter zeigt im Durchreibeverfahren festgehaltene Totenschädel – Frottagen von historischen Grabplatten aus der Groote Kerk im friesischen Leeuwarden.
Die Wahl der Technik – Fettstift auf Papier – betont die Flüchtigkeit wie auch die Intimität dieser bildnerischen Geste:
Hier geht es nicht um das Abbilden, sondern um das Berühren, Abschreiten, das Nachspüren von Spuren. Dumas, bekannt für ihre verzerrt-beunruhigenden Porträts und Körperdarstellungen, aber auch ihre Auseinandersetzung mit politischen Fragen der Black- und Whiteness, kehrt in Kreuz das Motiv des Gesichts ins Anonyme, ins Allgemeingültige.
Die Schädel, gestaltet in Form von Medaillons, sind weniger individuelle Porträts, eher Sinnbilder für die Gleichheit im Tod – und trotzdem haben sie eine befremdliche, fast groteske Lebendigkeit, die durch ihre Aneinanderreihung noch verstärkt wird.
Die kreuzförmige Anordnung verleiht der Arbeit eine sakrale Grundstruktur, ohne sich liturgisch aufzudrängen. Vielmehr evoziert sie das Kreuz als Ort des Übergangs, der Erinnerung und der offenen Frage.